Gewerbesteuerliche Hinzurechnung bei Zwischenvermietung

Die Hinzurechnung verausgabter Miet- und Pachtzinsen nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG findet auch in Zwischenvermietungsfällen statt. Der Zwischenvermieter kann die Kürzung nach § 9 Nr. 1 GewStG nicht in Anspruch nehmen.

Gewerbesteuerliche Hinzurechnung bei Zwischenvermietung

Nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG wird dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet ein Viertel der Summe aus dreizehn Zwanzigstel (65 %) der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung der unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines Anderen stehen, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind und soweit die Summe der Beträge i.S. von § 8 Nr. 1 Buchst. a bis f GewStG 100.000 EUR übersteigt.

Diese Hinzurechnungsnorm verlangt -wie schon die in § 8 Nr. 7 GewStG a.F. geregelte, bis zum Erhebungszeitraum 2007 geltende Hinzurechnung von Mieten und Pachten für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens- eine fiktive Zuordnung zum Anlagevermögen des Mieters oder Pächters, da die Gegenstände mangels Eigentums seinem Betriebsvermögen nicht zugeordnet werden können. Es ist darauf abzustellen, ob die Wirtschaftsgüter Anlagevermögen des Mieters oder Pächters wären, wenn er ihr Eigentümer wäre[1].

Das Tatbestandsmerkmal des Anlagevermögens ist nach allgemeinen ertragsteuerrechtlichen Grundsätzen zu bestimmen. Anlagevermögen sind demnach die Gegenstände, die dazu bestimmt sind, auf Dauer dem Betrieb zu dienen (§ 247 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs). Hierunter fallen die zum Gebrauch im Betrieb und nicht zum Verbrauch oder Verkauf bestimmten Wirtschaftsgüter[2]. Die Zuordnung zum Anlage- oder Umlaufvermögen orientiert sich maßgeblich an der Zweckbestimmung des Wirtschaftsguts in dem Betrieb, die einerseits subjektiv vom Willen des Steuerpflichtigen abhängt, sich andererseits aber an objektiven Merkmalen nachvollziehen lassen muss (wie z.B. der Art des Wirtschaftsguts, der Art und Dauer der Verwendung im Betrieb, der Art des Betriebs, ggf. auch der Art der Bilanzierung). Ein Gegenstand, der etwa zum Verkauf bestimmt ist, gehört danach auch dann zum Umlaufvermögen, wenn er bei fehlender Verkaufsmöglichkeit übergangsweise vermietet oder in anderer Weise für den Betrieb genutzt wird. Demgegenüber gehört ein Gegenstand, der zur Vermietung bestimmt ist, zum Anlagevermögen, es sei denn, die Vermietung dient nur dem Zweck, den Gegenstand anschließend dem Mieter zu verkaufen[3].

Eine „Benutzung“ der gemieteten oder gepachteten unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens i.S. von § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG liegt auch dann vor, wenn diese Wirtschaftsgüter zur Erzielung von Einkünften an eine weitere Person vermietet werden (Zwischenvermietung). Die „Durchleitung“ der Immobilien steht der Hinzurechnung nicht entgegen. Dem Gesetz lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, Zwischenvermietungen nicht bei der Hinzurechnung zu berücksichtigen[4].

Der Bundesfinanzhof hat keinen Anlass, das Verfahren auszusetzen und die Rechtssache dem BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG vorzulegen. Denn er ist nicht von der Verfassungswidrigkeit des § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG überzeugt.

Soweit der Bundesfinanzhof bereits entschieden hat, dass sich § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG folgerichtig in das Konzept einer „ertragsorientierten Objektsteuer“ einfügt[5], schließt sich der Bundesfinanzhof den dort gemachten Ausführungen an. Die vom Gesetzgeber -erstmals ab dem Erhebungszeitraum 2008- normierte Hinzurechnung von 65 % der Miet- und Pachtzinsen für unbewegliche Wirtschaftsgüter ist weder dem Grunde noch der Höhe nach verfassungsrechtlich zu beanstanden. Insoweit liegt kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG vor.

§ 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG fügt sich folgerichtig im Sinne einer Belastungsgleichheit in das vom Gesetzgeber der Gewerbesteuer konkret zugrunde gelegte Objektsteuerprinzip ein. Insbesondere verstößt es nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, dass dem Nichteigentümer-Betrieb (Zwischenvermieter) -hier der Zwischenvermieterin- anders als einem Eigentümer-Betrieb keine gewerbesteuerliche Kürzung nach § 9 Nr. 1 GewStG zusteht[6].

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Im Bereich des Steuerrechts hat der Gesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum. Die grundsätzliche Freiheit des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte zu bestimmen, an die das Gesetz dieselben Rechtsfolgen knüpft und die es so als rechtlich gleich qualifiziert, wird u.a. durch das Gebot der Folgerichtigkeit begrenzt. Bei der Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands muss die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umgesetzt werden. Ausnahmen von einer solchen folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes[7].

§ 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG selbst schafft keine Ungleichbehandlung. Vielmehr unterwirft die Regelung den Nichteigentümer-Betrieb -ausgehend von der mit dem GewStG angestrebten Besteuerung des sog. objektivierten Gewerbeertrags- einer vergleichbaren Belastung wie den Eigentümer-Betrieb.

Der Gesetzgeber hat sich im Rahmen des UntStRefG 2008 für eine Ausweitung der Hinzurechnungen auf alle Fremdkapitalzinsen und deren Substitute entschieden[8]. Diese Hinzurechnung bezweckt, den für die Besteuerung maßgebenden Gewerbeertrag unabhängig von der Art und Weise des für die Kapitalausstattung des Betriebs zu entrichtenden Entgelts zu bestimmen[9]; es soll der sog. objektivierte Gewerbeertrag unabhängig von der Art der Unternehmensfinanzierung erfasst werden. Hinzugerechnet wird ein in den Entgelten enthaltener; vom Gesetzgeber pauschal ermittelter Finanzierungsanteil[10]. Danach ist § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG folgerichtiger Ausdruck der gesetzgeberischen Grundentscheidung, zwecks Verwirklichung des Objektsteuerprinzips grundsätzlich alle Aufwendungen, die ein Finanzierungselement im weitesten Sinne beinhalten, nur noch eingeschränkt bei der Ermittlung des Gewerbeertrags zu berücksichtigen[11].

Eine verfassungswidrige Belastungsungleichheit ist nicht dadurch entstanden, dass der Gesetzgeber die einfache Kürzung des § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG -trotz Einfügung des § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG- nicht auf den Nichteigentümer-Betrieb erstreckt hat.

Die einfache Kürzung kommt zwar nur Eigentümer-Betrieben zugute.

Nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG ist die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um 1, 2 % des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden und nicht von der Grundsteuer befreiten Grundbesitzes zu kürzen. Zu dem „Grundbesitz“ im Sinne dieser Vorschrift zählt entsprechend den Vorgaben des § 2 Nr. 2 des Grundsteuergesetzes und der §§ 68, 70 des Bewertungsgesetzes nur das Grundvermögen[12]. Eine Berechtigung auf Grundlage obligatorischer Rechte -wie Miete und Pacht- reicht hierfür nicht aus[13]. Daher steht im Streitfall außer Frage, dass die Zwischenvermieterin als Nicht-Eigentümerbetrieb die Voraussetzungen einer einfachen Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG nicht erfüllt.

Die Beschränkung des § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG auf Eigentümer-Betriebe ist aber gleichfalls folgerichtig. Denn der von dieser Vorschrift u.a. angestrebte Zweck, eigen- und fremdfinanzierte Betriebe gleich zu behandeln, ist durch die Einfügung des § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG nicht obsolet geworden.

§ 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG bezweckt ein Zweifaches. Zum einen gewährt die Vorschrift den Gewerbebetrieben, zu deren Betriebsvermögen Grundeigentum gehört, eine Kürzung bei der Gewerbesteuer, die die Wirkungen einer Doppelbelastung mit Gewerbesteuer und der den Grundstückseigentümer treffenden Grundsteuer abmildern oder vermeiden soll[14]. Zum anderen soll sie dem Umstand Rechnung tragen, dass Gewerbebetriebe in gemieteten oder gepachteten Räumlichkeiten die gezahlte Miete oder Pacht als Betriebsausgaben -anders als der Gewerbebetrieb mit eigenem Grund und Boden- abziehen können[15]. Der Kürzungsbetrag stellt den pauschalierten Reinertrag des Grundbesitzes oder -mit anderen Worten- den um die ersparte Geschäftsraummiete erhöhten gewerblichen Gewinn dar. Durch die Kürzung sollen daher Betriebe, die ihr Gewerbe in eigenen Geschäftsräumen betreiben, den Gewerbebetrieben mit gemietetem Grundbesitz gewerbesteuerrechtlich gleichgestellt werden[16].

Auch der letztgenannte Zweck begründet eine folgerichtige Belastungsentscheidung.

Bei einem Nichteigentümer-Betrieb reduzieren Grundstücksmieten oder -pachten weiterhin den Gewerbeertrag, soweit sie nicht den pauschalierten Finanzierungsanteil, sondern den Gebrauchswert betreffen. Während nämlich der Miet- oder Pachtzins vollständig bei der Ermittlung des Gewinns als Betriebsausgabe (§ 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes -EStG-) berücksichtigt wird, wird nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG lediglich der in den Miet- oder Pachtzahlungen enthaltene -vom Gesetz pauschal ermittelte- Finanzierungsanteil hinzugerechnet.

Beim vermietenden Eigentümer-Betrieb können zwar auch die Aufwendungen für die eigenbetrieblich genutzten Räume und der Wertverzehr für das Gebäude im Rahmen der Absetzung für Abnutzung (§ 7 Abs. 4 und Abs. 5 EStG) als Betriebsausgaben abgezogen werden. Es besteht aber keine Abzugsmöglichkeit bezüglich des in einer Miet- oder Pachtzinszahlung enthaltenen Gebrauchswerts einer Immobilie. Für diese dem Eigentümer-Betrieb nicht zustehende „Kürzungsmöglichkeit“ schafft § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG nach wie vor einen folgerichtigen Ausgleich.

Ein Gleichheitsverstoß ergibt sich schließlich auch nicht daraus, dass der Zwischenvermieterin (auch) die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG versagt bleibt.

Die erweiterte Kürzung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG erfasst den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. Sie ist bei Unternehmen anzuwenden, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten oder veräußern.

Die Anwendung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist verfassungsrechtlich -in Ergänzung des § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG- ebenso wenig geboten wie die Anwendung des § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG. Darüber hinaus würde die Zwischenvermieterin im vorliegenden die Voraussetzungen der erweiterten Kürzung auch nicht erfüllen. Denn sie hat neben der Anmietung und Weitervermietung von Wohnraum auch Serviceleistungen im Bereich der Wohnraumvermietung erbracht und war mit ihrem Personal auch noch für andere Tochtergesellschaften der Immobiliengruppe tätig.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 8. Dezember 2016 – IV R 55/10

  1. BFH, Urteile vom 29.11.1972 – I R 178/70, BFHE 107, 468, BStBl II 1973, 148; vom 30.03.1994 – I R 123/93, BFHE 174, 554, BStBl II 1994, 810; und vom 04.06.2014 – I R 70/12, BFHE 246, 67, BStBl II 2015, 289, Rz 10[]
  2. BFH, Urteil in BFHE 246, 67, BStBl II 2015, 289[]
  3. vgl. BFH, Urteil in BFHE 228, 408, BStBl II 2010, 799[]
  4. BFH, Urteil in BFHE 246, 67, BStBl II 2015, 289, Rz 12[]
  5. BFH, Urteil in BFHE 246, 67, BStBl II 2015, 289, Rz 18 ff.[]
  6. anderer Ansicht Hübner, Finanz-Rundschau 2015, 341, 346; kritisch auch Sarrazin in Lenski/Steinberg, Gewerbesteuergesetz, § 8 Nr. 1 Buchst. e Rz 5b[]
  7. ständige Rechtsprechung, z.B. BVerfG, Beschlüsse vom 06.07.2010 – 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268, Rz 36, m.w.N.; vom 12.10.2010 – 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224, Rz 50 f., m.w.N.[]
  8. BT-Drs. 16/4841, S. 31[]
  9. BT-Drs. 16/4841, S. 78[]
  10. BT-Drs. 16/4841, S. 80[]
  11. vgl. Rödder, DStR 2007, Beihefter zu Heft 40, 2, 11[]
  12. vgl. BFH, Urteil vom 20.09.2007 – IV R 19/05, BFHE 219, 190, BStBl II 2010, 985[]
  13. vgl. BFH, Beschluss vom 12.11.2009 – IV B 8/09, BFH/NV 2010, 464[]
  14. vgl. BFH, Urteile vom 05.10.1967 – I 258/64, BFHE 90, 299, BStBl II 1968, 65; in BFHE 219, 190, BStBl II 2010, 985, und in BFHE 233, 539, BStBl II 2011, 887[]
  15. BFH, Urteil vom 15.05.2002 – I R 63/01, BFH/NV 2003, 82[]
  16. Roser in Lenski/Steinberg, a.a.O., § 9 Nr. 1 Rz 16[]