Das unzulässige Teilurteil

Nach § 301 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat das Gericht die Entscheidung durch Endurteil (Teilurteil) zu erlassen, wenn von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine oder nur ein Teil eines Anspruchs zur Endentscheidung reif ist. Nach § 301 Abs. 1 Satz 2 ZPO kann über einen Teil eines einheitlichen Anspruchs, der nach Grund und Höhe streitig ist, durch Teilurteil nur entschieden werden, wenn zugleich ein Grundurteil über den restlichen Teil des Anspruchs ergeht.

Das unzulässige Teilurteil

§ 301 Abs. 1 ZPO setzt danach die Teilbarkeit der Klageforderung voraus. Der Teil, über den entschieden wird, muss vom Rest des geltend gemachten prozessualen Anspruchs unabhängig sein, so dass die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen nicht besteht1.

Danach konnte im vorliegenden Streitfall das Landesarbeitsgericht nicht durch Teilurteil2 entscheiden. Bei dessen Erlass bestand im Hinblick auf den noch beim Landesarbeitsgericht anhängigen Teil des Rechtsstreits die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen. Der Kläger begehrt mit seinem Hauptantrag von der Beklagten die Zahlung einer um insgesamt 76.700, 00 Euro brutto höheren Abfindung. Das Landesarbeitsgericht hat in seinem Teilurteil lediglich über den Teil dieses Zahlungsbetrags entschieden, der infolge der teilweise klagestattgebenden Entscheidung des Arbeitsgerichts Gegenstand der Berufung der Beklagten war. Da nicht ausgeschlossen ist, dass die Begründetheit des gesamten Zahlungsbegehrens von der Frage abhängen kann, ob der Kläger die Ausschlussfrist nach § 19 MTV gewahrt hat, durfte kein Teilurteil ergehen.

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Der Verfahrensfehler führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 ZPO). Es konnte dabei für das Bundesarbeitsgericht dahinstehen, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen das Revisionsgericht im Fall eines unzulässigen Teilurteils den noch nicht beschiedenen Teil „an sich ziehen“ und anstelle des Berufungsgerichts darüber entscheiden kann3. Aufgrund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts lies sich nicht beurteilen, in welcher Höhe der Hauptantrag des Klägers begründet ist.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16. Juli 2019 – 1 AZR 537/17

  1. BAG 30.05.2018 – 10 AZR 780/16, Rn.20; 18.03.2014 – 3 AZR 874/11, Rn. 11 mwN[]
  2. LAG Hamm 29.06.2017 – 11 Sa 53/17[]
  3. vgl. BAG 18.03.2014 – 3 AZR 874/11, Rn. 14[]