Die coronabedingte Schließung eines Friseursalons – und keine Entschädigung

Wegen der aufgrund der CoronaVO erfolgten Schließung eines Frisiersalons bestehen keine Entschädigungsansprüche gegen das Land.

Die coronabedingte Schließung eines Friseursalons – und keine Entschädigung

In dem hier vom Oberlandesgericht Stuttgart entschiedenen Fall war der Frisiersalon der klagenden Friseurin im Landkreis Heilbronn aufgrund der sog. Coronaverordnung des Landes (CoronaVO) vom 23.03.2020 bis 04.05.2020 geschlossen. Die Friseurin hatte 9.000, – € aus dem Soforthilfeprogramm des Landes Baden-Württemberg erhalten, die sie zurückzahlen muss. Sie verlangt daher von dem beklagten Land eine Entschädigung in Höhe von 8.000 €.

Das erstinstanzlich hiermit befasste Landgericht Heilbronn hat die Klage abgewiesen1. Das Oberlandesgericht Stuttgart bestätigte nun das klageabweisende Urteil und wies auch die Berufung der Klägerin als unbegründet zurück. In diesem ersten entschiedenen von weiteren Entschädigungsverfahren, die beim Oberlandesgericht Stuttgart anhängig sind, ging es sowohl um die Verhältnismäßigkeit der Betriebsschließung als auch um die Frage der rechtlichen Grundlage für einen Entschädigungsanspruch der Friseurin.

Das Oberlandesgericht lehnte zunächst zur Frage der Intentionen des Bundesgesetzgebers zu einzelnen Ermächtigungsnormen des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) eine Beweisaufnahme – etwa durch Vernehmung damaliger Kabinettsmitglieder – ab. Dabei handele es sich um rechtliche Einordnungen und juristische Tatsachen, die nicht dem Beweise zugänglich seien.

Auch in der Sache habe die Friseurin mangels entsprechender Anspruchsgrundlage keinen Erfolg: Die ergriffene Betriebsschließungsmaßnahme sei verhältnismäßig gewesen, wie es auch das Bundesverfassungsgericht in vergleichbarer Rechtsprechung festgestellt habe.

Ein Entschädigungsanspruch der Friseurin könne nicht auf § 56 IfSG gestützt werden, da nach dem Gesetzeswortlaut nur ein sog. Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger oder sonstiger Träger von Krankheitserregern entschädigungsberechtigt ist. Darunter falle die Friseurin allein als sog. Kontaktmultiplikatorin nicht. Auch eine analoge Anwendung von § 56 Abs. 1 Satz 1 IfSG scheide aus, da es an einer planwidrigen Regelungslücke fehle und die Entschädigungsvorschriften nach §§ 56 ff IfSG abschließend seien.

Des Weiteren könne die Betreiberin des Frisiersalons ihren Anspruch nicht auf § 55 PolG BW stützen, da diesem Entschädigungsanspruch eines sog. Nichtstörers die Sonderregelung des § 56 IfSG im Rahmen der Bekämpfung von übertragbaren Krankheiten vorgehe. Dies gelte auch für den weiter von der Friseurin geltend gemachten Anspruch aus enteignendem Eingriff: Zwar könne unterstellt werden, dass mit der Betriebsschließung auch das unter dem Schutz des Art. 14 Grundgesetz stehende Recht der Friseurin an ihrem eingerichteten und ausgeübten Gewerbetrieb betroffen war, allerdings seien auch die Regelungen des enteignenden Eingriffs subsidiär gegenüber den abschließenden Sonderregelungen im IfSG. Daher könne die Friseurin auch keine Entschädigung auf der Grundlage des Art. 14 GG verlangen

Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 9. Februar 2022 – 4 U 28/21

  1. LG Heilbronn, Urteil vom 17.12.2020 – 4 O 83/20[]