Formwechsel einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft – und seine steuerliche Rückwirkung

Gegenstand der Übertragung beim Formwechsel einer Personen- in eine Kapitalgesellschaft sind die jeweiligen Mitunternehmeranteile der Einbringenden1. Jedenfalls im Zeitpunkt der tatsächlichen Einbringung der Mitunternehmeranteile (hier: in Form des Beschlusses des Formwechsels) müssen die Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 25 Satz 1, 20, 21 UmwStG 2006 vorliegen. Daran fehlt es, wenn die Überträgerin zuvor ihren ganzen Gewerbebetrieb i.S. des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alternative 1 EStG veräußert hat.

Formwechsel einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft – und seine steuerliche Rückwirkung

An einer formwechselnden Umwandlung ist nur ein Rechtsträger beteiligt, sodass es weder zu einer Gesamtrechtsnachfolge eines Rechtsträgers in das Vermögen eines anderen Rechtsträgers kommt noch es der Übertragung einzelner Vermögensgegenstände bedarf. Obwohl bei dieser Umwandlung handelsrechtlich die Identität des Rechtsträgers erhalten bleibt, wird steuerrechtlich durch den Verweis in § 25 Satz 1 UmwStG 2006 auf die §§ 20 bis 23 UmwStG 2006 eine Vermögensübertragung fingiert2. Bei dem in § 25 Satz 1 UmwStG 2006 enthaltenen Verweis handelt es sich dabei nicht um einen Rechtsfolgen, sondern um einen Rechtsgrundverweis3, sodass die formwechselnde Umwandlung nur steuerneutral möglich ist, wenn die Voraussetzungen der §§ 20, 21 UmwStG 2006 erfüllt sind4.

Gegenstand der Übertragung sind -abweichend von der Sichtweise des Niedersächsischen Finanzgerichts5- die jeweiligen Mitunternehmeranteile der Einbringenden6. Dies folgt nicht nur daraus, dass die Personengesellschaft im Rahmen des Formwechsels erlischt und deshalb schwerlich Einbringende sein kann, sondern vor allem daraus, dass das dem Formwechsel zugrunde liegende Rechtsgeschäft auf den Tausch von Anteilen/Mitgliedschaften gerichtet ist7.

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Danach sind aber die Regelungen des Sechsten Teils des UmwStG 2006 als Folge der Verweisung in § 25 Satz 1 UmwStG 2006 -soweit nicht ausnahmsweise die Voraussetzungen des § 21 UmwStG 2006 vorliegen- nur dann einschlägig, wenn die formgewechselte inländische Personengesellschaft Mitunternehmerschaft ist, damit einen gemeinsamen Betrieb i.S. der §§ 13, 15 oder 18 EStG zum Gegenstand hat oder aber i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gewerblich geprägt ist8.

Diese Voraussetzungen müssen jedenfalls im Zeitpunkt der tatsächlichen Einbringung der Mitunternehmeranteile (hier: in Form des Beschlusses des Formwechsels) erfüllt sein9.

Indessen war im hier entschiedenen Fall die formgewechselte OHG am insoweit maßgeblichen Stichtag keine Mitunternehmerschaft mehr. Dies folgt daraus, dass die einzige Tätigkeit der vormaligen GbR im Halten der Beteiligung an einer GmbH & Co. KG  bestanden hatte, die GbR aber diese Beteiligung mit undatiertem Kauf- und Übertragungsvertrag (noch unter der Bezeichnung als GbR) mit schuldrechtlicher Wirkung bereits vor der Einbringung an die A GmbH veräußert und die Beteiligung ab diesem genannten Datum bis zur dinglichen Wirksamkeit der Übertragung nur noch treuhänderisch für die Käuferin gehalten hatte. Danach hatte die vormalige GbR ihren ganzen Gewerbebetrieb bereits zum Zeitpunkt dieser Veräußerung des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alternative 1 EStG veräußert.

Eine Betriebsveräußerung i.S. des § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alternative 1 EStG liegt vor, wenn der gewerbliche Betrieb als selbständiger Organismus des Wirtschaftslebens in der Form übergeht, dass das wirtschaftliche Eigentum an allen wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang auf einen Erwerber entgeltlich übertragen und die bisher in diesem Betrieb entfaltete gewerbliche Betätigung des Veräußerers beendet wird10. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob ein ganzer Gewerbebetrieb veräußert wird, ist der Zeitpunkt der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an den wesentlichen Betriebsgrundlagen dieses Betriebes11.

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Vorliegend bestand die einzige Tätigkeit der vormaligen GbR im Halten der Beteiligung an der GmbH & Co. KG; diese Beteiligung stellte die einzige wesentliche Betriebsgrundlage des Betriebes der GbR dar. Das wirtschaftliche Eigentum an dieser wesentlichen Betriebsgrundlage ist aber bereits mit Abschluss des Veräußerungsvertrages von der GbR auf die A GmbH übergegangen, indem die GbR die Beteiligung an der GmbH & Co. KG  ab diesem Datum bis zur dinglichen Wirksamkeit der Übertragung nur noch treuhänderisch für die Käuferin gehalten hat. Bei Treuhandverhältnissen sind nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 Alternative 1 AO die Wirtschaftsgüter dem Treugeber zuzurechnen. Auch die sog. Vereinbarungstreuhand kann insoweit wirtschaftliches Eigentum i.S. des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO begründen. Bei der Vereinbarungstreuhand vereinbart der Eigentümer des Wirtschaftsguts mit einem anderen, dass er -entsprechend dem Streitfall- die Sache nunmehr (nur noch) als Treuhänder für den anderen Vertragsteil besitzt12. Das gilt auch für einen Gesellschaftsanteil13. Folglich sind ab dem Zeitpunkt der entsprechenden Vereinbarung die betroffenen Wirtschaftsgüter dem nunmehrigen Treugeber (hier: der A GmbH) zuzurechnen.

Da im Zeitpunkt des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums an der Beteiligung an der GmbH & Co. KG die einzige Tätigkeit der vormaligen GbR im Halten eben dieser Beteiligung bestanden hatte, hat jene ihren Gewerbebetrieb als Ganzen durch die entgeltliche Übertragung ihrer einzigen wesentlichen Betriebsgrundlage auf die A GmbH veräußert. Zugleich hat sie damit ihre einzige betriebliche Tätigkeit eingestellt.

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Eine nur (noch) vermögensverwaltende Personengesellschaft (hier: in Form der GbR ohne die Beteiligung an der GmbH & Co. KG) erfüllt aber wegen fehlender Mitunternehmereigenschaft nicht die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 UmwStG 200614.

Im hier entschiedenen Streitfall liegen auch die Tatbestandsvoraussetzungen des § 21 UmwStG 2006 erkennbar nicht vor, da die GbR/OHG nicht an einer Kapitalgesellschaft bzw. Genossenschaft beteiligt war, deren Anteile sie gegen Gewährung neuer Anteile in die Übernehmerin hätte einbringen können.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 21. Februar 2022 – I R 13/19

  1. vgl. BFH, Urteil vom 11.07.2019 – I R 26/18, BFHE 266, 277, BStBl II 2022, 93[]
  2. vgl. BFH, Urteile vom 19.10.2005 – I R 38/04, BFHE 211, 472, BStBl II 2006, 568; vom 25.11.2014 – I R 78/12, BFH/NV 2015, 523[]
  3. BFH, Beschluss vom 08.06.2011 – I B 15/11, BFH/NV 2011, 1748, m.w.N.[]
  4. Schmitt in Schmitt/Hörtnagl, Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz, 9. Aufl., § 25 UmwStG Rz 4; Patt in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 25 UmwStG Rz 26[]
  5. Nds. FG, Urteil vom 29.01.2019 – 8 K 163/17[]
  6. BFH, Urteil vom 11.07.2019 – I R 26/18, BFHE 266, 277, BStBl II 2022, 93[]
  7. z.B. Patt in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, a.a.O., § 25 UmwStG Rz 28; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl, a.a.O., § 25 UmwStG Rz 19[]
  8. z.B. Patt in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, a.a.O., § 25 UmwStG Rz 29; Rabback in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl., § 25 Rz 40 und 45; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl, a.a.O., § 25 UmwStG Rz 20[]
  9. vgl. zur Maßgeblichkeit des Übertragungszeitpunktes die Nachweise bei Rabback in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, a.a.O., § 25 Rz 42[]
  10. etwa BFH, Urteil vom 09.08.1989 – X R 62/87, BFHE 158, 48, BStBl II 1989, 973[]
  11. vgl. BFH, Urteil vom 13.02.1996 – VIII R 39/92, BFHE 180, 278, BStBl II 1996, 409[]
  12. vgl. z.B. Drüen in Tipke/Kruse, § 39 AO Rz 42[]
  13. BFH, Urteile vom 11.10.1984 – IV R 179/82, BFHE 142, 437, BStBl II 1985, 247; vom 01.10.1992 – IV R 130/90, BFHE 170, 36, BStBl II 1993, 574[]
  14. s. z.B. Patt in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, a.a.O., § 25 UmwStG Rz 30[]
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